Allgemein
Unsere Gruppe beschäftigt sich mit Grünalgen/Pflanzen und ihrer Fähigkeit, verschiedene Polysaccharide zu produzieren. Viele dieser Polysaccharide gehören zu den am häufigsten vorkommenden Biopolymeren und sind eine wichtige Ressource für unsere Gesellschaft (Nahrungsmittel, Futtermittel, Fasern, Treibstoff). Mit unserer Forschung wollen wir besser verstehen, wie Pflanzen ihren Kohlenstoff in Polysaccharide umwandeln und diese mit Hilfe verschiedener Enzymtypen ständig umgestalten. Wir versuchen, dieses Wissen zu nutzen, um die nachhaltige Biomasseproduktion zu verbessern.
Establishing a click chemistry-based toolset to visualize polysaccharide deposition in green algae
Grünalgen speichern den größten Teil ihres erworbenen Kohlenstoffs in Form von Zellwandpolysacchariden, von denen einige mit Sonden wie Antikörpern, Lektinen oder Optotracern nachgewiesen werden können. Diese Sonden haben jedoch oft nur begrenzten Zugang zu ihren Zielen, sind nicht spezifisch genug oder erfordern invasive Probenbehandlungen, was unser Verständnis der Zellwandstrukturen und -dynamik von Grünalgen stark einschränkt. Um diese Einschränkungen zu überwinden, entwickeln wir metabolische Markierungsansätze, die auf nicht-invasiver Click-Chemie beruhen und den Nachweis verschiedener Algenpolysaccharide in vivo ermöglichen. Dieses Instrumentarium wird uns dabei helfen, strukturelle Veränderungen der Zellwand und die Kohlenstoffverteilung in Grünalgen zu untersuchen.
Förderung: BMBF
Verantwortlich:
Laufzeit: 2023 - 2026
LandWand: Untersuchung des Umbaus und der Rekrutierung von internen und externen Hemicellulosen in den Zellwänden der Zygnematophyceae (Zygnema, Mesotaenium) und des Lebermooses Marchantia
Die Zellen der meisten Grünalgen und Landpflanzen sind von einer primären Zellwand umgeben, die eine tragende und dennoch dehnbare Matrix aus verschiedenen Polysacchariden darstellt und die Algen vor Umweltstress, z.B. Austrocknung, schützt. Ein großer Teil der Zellwand-Polysaccharide sind Hemicellulosen, die enzymatisch geschnitten und umgehend mit anderen Hemicellulosen in der Nähe verknüpft werden können. Diese Reaktionen werden durch zellwandgebundene Transglycanasen katalysiert, die sowohl in den Zygnematophyceaen als auch in ihrer Schwestergruppe, den Landpflanzen, reichlich vorkommen. Interessanterweise sind Transglycanasen in früher evolvierten Charophyten (z.B. Klebsormidiophyceae) weniger abundant. Es gilt als belegt, dass die Transglycosylierung von Hemicellulosen eine Schlüsselrolle im Zellwandstoffwechsel aufrecht wachsender Landpflanzen spielt, ihre Funktionen in Algen sind jedoch kaum verstanden, obwohl Genfamilien, die die verantwortlichen Enzyme kodieren, in land-erobernden Algen stark expandierten, was darauf hindeutet, dass sie eine wichtige Rolle bei der Vorbereitung der Algen für den Landgang gespielt haben. Zudem evolvierte Xyloglucan – das Hauptsubstrat der meisten Transglycanasen und die häufigste Landpflanzen-Hemicellulose – erst in den Zygnematophyceae. Unsere jüngsten Daten zeigen, dass diese Algen Xyloglucan und andere Hemicellulosen in überraschend großen Mengen in die Umwelt abgeben und externe Polysaccharide durch Transglykosylierung wieder in ihre Zellwände rekrutieren können. Wir glauben, dass diese unerforschte Hemicellulose-Sekretion und Rekrutierung von Polysacchariden den Algen geholfen hat, dynamische Biokrusten zu etablieren, die höchstwahrscheinlich ihre primären Lebensräume während des Landganges waren und auch heute noch weltweit zu finden sind. Um die Rolle der Polysaccharid-Sekretion und -Rekrutierung besser zu verstehen, werden wir eine Reihe von Kultivierungsexperimenten entwickeln und den Polysaccharid-Fußabdruck von Zygnema und Mesotaenium mittels modernster glykobiologischer Techniken analysieren. Wir werden das Sekretionsmuster mit der basalen Landpflanze Marchantia vergleichen, von der bekannt ist, dass sie Xyloglucan aus Rhizoiden freisetzt. Zudem werden wir Veränderungen in der chemischen Zusammensetzung und Zellwand-Ultrastruktur als Folge der Polysacharid-Rekrutierung analysieren. Wir nutzen neu entwickelte Methoden der Click-Chemie, um die Freisetzung und Rekrutierung von Polysachariden in lebenden Zellen zu verfolgen. Hier wird auch ein möglicher artübergreifender Austausch von Polysacchariden berücksichtigt. Abschließend werden Veränderungen relevanter kohlenhydrataktiver Enzyme als Reaktion auf verschiedene externe Polysaccharide und Austrocknungsstress per Transkriptom-Analysen untersucht. Wir gehen davon aus, dass unsere detaillierte Untersuchung des Umbaus und der Rekrutierung von Polysacchariden völlig neue Einblicke in die Rolle der Zellwand während des Landganges liefern wird.
Förderung: DFG
Verantwortlich:
Laufzeit: 2024 - 2027
Kooperationspartner:
- Prof. Peter Ulvskov (University of Copenhagen)
- Prof. Stephen C. Fry (University of Edinburgh)
MeerWand: Untersuchung des Einflusses von Umweltfaktoren auf den Umbau der Zellwände im grünen Seetang Ulva sp.
Seetange, wie die weltweit vorkommende Makroalge Ulva sp. (Chlorophyta), sind in ihren Küstenlebensräumen regelmäßig rauen Umwelteinflüssen ausgesetzt, können aber dennoch beachtliche Biomasse-Bestände etablieren, die aufgrund ihrer Opulenz als die „grünen Gezeiten“ („green tides“) bekannt sind. Den Hauptanteil dieser Algen-Massenbestände machen mehrschichtigen Zellwänden aus, die jede Algen-Zelle umgeben und bis zu ~60% der Biomasse ausmachen können. Zellwände bestehen zu einem großen Teil aus Polysacchariden und fungieren als die einzige physische Barriere zwischen den empfindlichen Protoplasten und der Umwelt. Dementsprechend sind Zellwände ein Schlüsselelement im Überleben von Umweltstress, indem sie beispielsweise die Wasserhaltekapazität der Zellen erhöhen oder den Zellen und Thalli ein kontrolliertes Schrumpfen und Expandieren während Austrocknungs- und Rehydrierungs-Zyklen erlauben. Trotz der hohen Relevanz der Zellwand ist aber nach wie vor weitgehend unklar, wie die chemische Zusammensetzung und Architektur der Ulva-Zellwand auf externe abiotische Stressoren, wie zum Beispiel Wassermangel, reagieren. Dadurch ist eine fundamentale Wissenslücke gegeben, die uns stark in unserem Verständnis dafür einschränkt, wie Ulva-Arten in ihren Küstenlebensräumen trotz Stress eine hohe ökologische Präsenz aufrecht erhalten. Um diesen ökologischen Erlog von Ulva besser zu verstehen, werden wir in diesem Forschungsvorhaben ökophysiologische Experimente mit modernen, zum Teil neu entwickelten Methoden aus der Mikrokopie und chemischen Biologie kombinieren und untersuchen, wie Umweltfaktoren die Zusammensetzung, Architektur und den dynamischen Umbau der Ulva-Zellwand beeinflussen. Wir werden zunächst verschiedene Ulva-Thalli von der Ostsee-Küste sammeln und in stabilen Kulturen etablieren. Im Anschluss wird es uns der Bau einer Klimakammer ermöglichen, Ulva-Thalli genau definierten Wasser-, Temperatur- und Lichtstressoren auszusetzen. Abschließend werden wir mit verschiedenen bildgebenden Verfahren und chemischen Methoden visualisieren und quantifizieren (in vivo und in situ), welche chemischen und strukturelle Veränderungen in der Zellwand sich ändernde Umweltfaktoren induzieren. Wir rechnen damit, dass wir mit diesem interdisziplinären Zugang bisher unbekannte Formen der Zellwand-Reorganisation entdecken werden (z.B. einen enzymatischen Umbau von Zellwandbestandteilen), was uns besser verstehen lassen wird, wie Ulva auf Stress reagiert. Dieses Wissen wird in Zukunft wichtig für die Etablierung effizienter Seetang-Farmen sein, um die Biomasseproduktion zu maximieren, und eine Grundlage dafür bieten, die molekularen Grundlagen des Zellwand-Umbaues in Seetang zu erforschen.
Förderung: DFG
Verantwortlich:
Laufzeit: 2024 - 2027
Kooperationspartner:
Prof. Jozef Mravec (Plant Science and Biodiversity Centre SAS)